Die Ziegelei
Ein Streifzug durch die Geschichte
Das Rheiderland war einst reich an Ziegeleien. Entlang der Ems rauchten zu Blütezeiten die Schornsteine von nicht weniger als 24 Fabriken. Im Jahre 1814 wurden in den Werken von Bingum bis Hatzum jährlich 2,5 Millionen Ziegelsteine und 2,2 Millionen Dachziegel hergestellt. Rund 160 Arbeiter standen hier in Lohn und Brot. Das Werk in Midlum mit seinem charakteristischen Ringofen ist das einzige Gebäude, das noch bis heute erhalten ist. Die Ziegeleiproduktion wurde hier im Jahre 1972 eingestellt. Heute ist das Gemäuer am Emsdeich historischer Beleg für einen einst blühenden Wirtschaftszweig in Ostfriesland.
Bereits um 1700 existierte in Midlum eine Ziegelei, die von einem Hajo Kerstiens betrieben wurde - die spätere Ziegelei Leding. In direkter Nachbarschaft, auf der anderen Seite der Muhde, entstand später dann die Ziegelei Cramer. Sie wurde 1799 von Willem Wollten Heykes gegründet. Dessen Sohn, Jans Willems Heykes, baute als Ziegler die Produktion auf. Der direkte Zugang zur Ems als Transportweg und die Kleivorkommen in der Nachbarschaft, die den Rohstoff für die Backsteine lieferten, machten den Standort ideal für die Ziegelei-Produktion.
Lucas Cramer erwarb die Midlumer Ziegelei im Jahr 1888 und ließ sie ausbauen. 1891 entstand der Ringofen, zugleich wurde der markante Schornstein errichtet. Der Betrieb wurde 1972 aus Rentabilitätsgründen im Zusammenhang mit der Ölkrise eingestellt. Viele Teile des Inventars wurden verkauft. Einige Steine des alten Ringofens fanden in einer Bäckerei im Emsland Verwendung. Die Gebäude blieben zunächst sich selbst überlassen.
1998 wurde die mittlerweile marode Ziegelei aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Bei einem grenzüberschreitenden Arbeitsprojekt des Landkreises Leer mit Jugendlichen wurde sie entrümpelt. Im selben Jahr nahm auch der Ziegeleiverein Jemgum seine Arbeit auf. Er kümmert sich seit dem um den Erhalt des Komplexes und betreibt hier das Ziegeleimuseum. Der Verein hat derzeit rund 100 Mitglieder.
Eigentümerin der Ziegelei ist seit September 2017 die Gemeinde Jemgum, die auf dem Areal mit weiteren Partner eine kulturtouristische Attraktion entwickelt. Ein wesentlicher Baustein dabei ist dabei das Ziegeleimuseum.
Die wesentlichen Teile der Ziegelei sind heute als Kulturdenkmal historischer Bedeutung anerkannt. Es ist das einzige Objekt, an dem sich heute im Rheiderland noch Ziegeleigeschichte demonstrieren lässt.
Fotos und Text: K.-U. Hanken
Lexikon
Böckholt - Rundholz, mit dem die Pfannennasen gefertigt wurden.
Buckscheeten - Das Zuwerfen von Rohlingen zu einem Arbeiter, der sie dann in der Gerüste legt.
Daghürder - ein Tagelöhner.
Dreckswalvkes - "Dreckschwalben" - eine ironische Bezeichnung für die Ziegler.
Flejen - Das Schichten und Stapeln von Steinen.
Inkaarder - Arbeiter, der die Rohlinge auf einer Karre in den Ofen schiebt.
Mönch und Nonne - Eine alte Bezeichnung für halbrunde Dachziegel. Sie bestehen aus einer Unterschale und einer Oberschale, die auf- und ineinander gelegt werden.
Ploeg - So nannte man Arbeitsgruppen, die im Akkord tätig waren. Ein Ploeg ("Pflug") bestand aus einem Meister und vier bis sieben Arbeitern.
Presskaar - Karre, mit der die Formlinge transportiert wurden.
Pucken - Rucksäcke der lippischen Wanderziegler
Wird fortgesetzt....